Langzeiterkrankungen und Fehlzeiten: Gesetzliche Vorgaben und die Chance für Unternehmen

Die aktuelle Fehlzeitenstatistik in Deutschland zeigt einen deutlichen Anstieg krankheitsbedingter Fehltage. Im Jahr 2023 erreichte der Krankenstand neue Rekordhöhen. Auffällig ist, dass die Ausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen um 19,6 % im Vergleich zum Vorjahr zugenommen haben. Zusätzlich ist erkennbar, dass laut Harbinger Consulting etwa 25 % bis 33 % der krankheitsbedingten Fehlzeiten auf Langzeiterkrankungen entfallen. Diese Fälle sind oft mit erheblichen Herausforderungen für die Unternehmen verbunden, insbesondere wenn die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit längere Zeit in Anspruch nimmt und damit auch die Planungssicherheit gefährdet.

 

Um so wichtiger wird das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), welches in Deutschland gesetzlich im § 167 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) verankert. Das Gesetz regelt die Pflichten von Arbeitgebern im Umgang mit Mitarbeitenden, die längere Zeit oder wiederholt krank sind, konkret mehr als 6 Wochen innerhalb eines Jahres.

Über die gesetzliche Vorgabe hinaus bietet das BEM Unternehmen mehrere Chancen, die weit über die bloße Erfüllung gesetzlicher Vorgaben hinausgehen. Dazu gehören die Reduktion von Ausfallzeiten und damit Kostensenkung durch frühzeitige Intervention und maßgeschneiderte individuelle Maßnahmen und die Stärkung der Mitarbeiterbindung und Motivation. Ein gut implementiertes BEM signalisiert den Mitarbeitenden, dass das Unternehmen ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden ernst nimmt. Weiterhin die Verbesserung des Arbeitsklimas durch die Schaffung einer gesundheitsförderlichen Arbeitsumgebung und nicht zu vergessen die damit verbundene Arbeitgeberattraktivität bzw. das Image, denn Unternehmen, die BEM ernsthaft betreiben, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber, was in Zeiten des Fachkräftemangels von Vorteil sein kann.

Die Hauptelemente des BEM-Prozesses sind das Einladungsgespräch, die Analyse der Situation, die Maßnahmenplanung, wie z.B. Anpassungen am Arbeitsplatz, Weiterbildungen, eine stufenweise Wiedereingliederung oder andere unterstützende Maßnahmen, wie Arbeitszeit- oder Pausengestaltung und als letztes Element die Durchführung und Überprüfung der geplanten Maßnahmen. Wenn nötig, werden weitere Anpassungen vorgenommen.

Die beteiligten Parteien in einem BEM-Verfahren sind die betroffenen Beschäftigten, der Arbeitgeber, der Betriebsrat/Personalrat (falls vorhanden, denn der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht im BEM-Prozess und kann beratend tätig werden) und eventuell externe Berater, wie Betriebsärzte, Rentenversicherung, Krankenkassen, Unfallversicherungen oder andere externe Fachleute, wie z.B. aus dem Bereich Sucht- oder Sozialberatung.

Rund 70 % der BEM-Teilnehmenden kehren laut verschiedenen Erhebungen nach der Teilnahme an einem BEM-Verfahren erfolgreich an ihren Arbeitsplatz zurück oder finden alternative Lösungen innerhalb des Unternehmens – ein Grund für die Implementierung im Unternehmen.

Zusammengefasst ist BEM eine Pflicht für Arbeitgeber, aber vielmehr eine Chance für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Sinne einer gesundheitsförderlichen und produktiven Unternehmenskultur.

 

Jetzt informieren: BEM als Pflicht für Arbeitgeber

 

Quellen:

Harbinger Consulting (2024). Abgerufen am 12.08.2024, verfügbar unter: https://www.harbinger-consulting.com/blog/fehlzeitenanalyse/

Hofmann, S. (2021). Betriebliches Eingliederungsmanagement: Praxisleitfaden für Arbeitgeber und Führungskräfte. 5. Auflage. Freiburg: Haufe Verlag.

Löhr, A. (2023). Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Ein Leitfaden für die Praxis. 3. Auflage. Freiburg: Haufe Verlag.

Schneider, M. (2022). BEM erfolgreich umsetzen: Ein Praxisbuch für das Betriebliche Eingliederungsmanagement. 4. Auflage. Freiburg: Haufe Verlag