Laut Olivier, Marschall und Büsch (2008, S. 218) kann die motorische Fähigkeit Schnelligkeit wie folgt definiert werden:
„Schnelligkeit ist eine zusammengesetzte trainierbare Einflussgröße sportlicher Leistungen. Sie beschreibt den Teilaspekt sportlicher Leistungsfähigkeit, sportliche Bewegungen in minimaler Zeit und mit optimaler Frequenz ausführen zu können.“
Allgemeine Einflussfaktoren der Schnelligkeit
Nach Olivier et al. (2008, S. 218) wird die Schnelligkeit über die Faktoren Reaktionsschnelligkeit (Zeitraum zwischen auslösendem Stimulus und Beginn der Bewegung), Frequenzschnelligkeit (Schnelligkeit der Bewegung bzw. Aktion) und Schnellkraft maßgeblich beeinflusst. Anhand dieser Einflussfaktoren wird ersichtlich, dass ein starker Zusammenhang zwischen spezifischer Kraftfähigkeit (Fähigkeit, einen maximal hohen Kraftimpuls maximal schnell zu erzeugen) und der Schnelligkeit besteht. Brown und Ferrigno (2005, S. 3) bestätigen dies und empfehlen aus diesem Grund, das grundlegende Training der Kraftfähigkeiten im Kontext des Athletiktrainings um ein gezieltes Schnelligkeits- und Agilitätstraining zu ergänzen.
Während man früher der Meinung war, die Schnelligkeit sei eine Fähigkeit, welche dominant über die individuelle Genetik determiniert wird, so besteht heute die Erkenntnis, dass auch die Schnelligkeit maßgeblich durch Training beeinflusst werden kann. Aus der o. g. Definition wird ersichtlich, dass die Bewegungskoordination und die Schnellkraft Determinanten der Schnelligkeit sind. Nach Olivier et al. (2008, S. 220) sind dies gleichzeitig die trainierbaren Faktoren der Schnelligkeit.
Die Fähigkeit, Bewegungen möglichst schnell ausführen zu können, kann in zwei Subkategorien differenziert werden:
- Die Fähigkeit, sich möglichst schnell fortzubewegen (gekennzeichnet durch die Fähigkeit, möglichst schnell zu beschleunigen, eine möglichst hohe Endgeschwindigkeit zu erzielen und diese möglichst lange aufrechterhalten zu können), wird als „lineare“ oder auch „lokomotorische“ Schnelligkeit bezeichnet.
- Die Fähigkeit, schnell ausgeführte Bewegungshandlungen an sich verändernde Umweltbedingungen möglichst schnell anzupassen (z. B. Richtungswechsel) wird als „laterale“ Schnelligkeit bzw. „Agilität“ bezeichnet.
Training der linearen Schnelligkeit
Die lineare bzw. lokomotorische Schnelligkeit kann weiter ausdifferenziert werden in die Antrittsschnelligkeit, die Beschleunigungsfähigkeit sowie in die Fähigkeit, eine maximal hohe Geschwindigkeit (Vmax) zu erzielen und diese möglichst lange aufrechtzuerhalten. Dementsprechend werden die Trainingsformen in ein Training der Antrittsschnelligkeit und ein Training zum Erzielen der maximalen Geschwindigkeit und Beschleunigungsfähigkeit differenziert. Hinzu kommen Trainingsformen zur Verbesserung der Sprinttechnik über eine Optimierung der Frequenzschnelligkeit und eine Verbesserung der Schrittlänge. Bei allen hierzu angewendeten Trainingsformen ist zu beachten, dass die Belastungen möglichst ohne Vorermüdung ausgeführt werden. Das Training der linearen Schnelligkeit zielt primär auf eine Verbesserung des neuromuskulären Zusammenspiels ab. Es ist nicht sinnvoll, das neuromuskuläre Zusammenspiel durch eine metabolische bzw. energetische Vorermüdung einzuschränken. Dementsprechend kurz (aber hoch bis maximal intensiv) sind die Belastungsphasen bei gleichzeitig relativ langen Pausen zwischen den Belastungen.
Training der lateralen Schnelligkeit
Das Training der lateralen Schnelligkeit bzw. das Agilitätstraining zielt auf Bewegungsschnelligkeit bei Richtungswechseln ab. Neben einer rein motorischen Komponente kommt hier der Reaktionsschnelligkeit eine hohe Bedeutung zu, da im Sport der Richtungswechsel i. d. R. auf einen Reiz hin erfolgt. Ein weiterer überaus wichtiger Aspekt im Agilitätstraining ist das gezielte Training des Abstoppens aus dem Sprint. Um möglichst schnell einen Richtungswechsel vollziehen zu können, ist die Fähigkeit zum Abstoppen aus dem Sprint essenziell.
Die Determinanten der Agilität im Sinne von Bewegungsschnelligkeit bzw. Aktionsschnelligkeit sind vielfältig (Sekulic, Spasic, Mirkov, Cavar & Sattler, 2013). Auf der kognitiven Ebene muss ein Reiz, welcher den Auslöser für den Richtungswechsel darstellt, wahrgenommen und verarbeitet werden. Im Sport sind optische, akustische oder taktile Reize dominant. Diese werden registriert und verarbeitet. Die Rahmenbedingungen (z. B. Raum, Platz, Spielsituation) werden visuell gescannt, woraufhin das motorische Gedächtnis nach gespeicherten Bewegungsmustern untersucht wird, die zum Lösen der Bewegungsaufgabe geeignet erscheinen. Vorweg wird die Bewegungshandlung mental ausgeführt. Die eigentliche motorische Handlung wird durch Technikmerkmale der Bewegung, durch die lineare Schnelligkeit (vor allem die Antrittsschnelligkeit) sowie durch die Kraftqualitäten der beteiligten Muskeln beeinflusst. Die Technikmerkmale zeigen sich in der Fußplatzierung und Schrittstellung sowie in der Körperhaltung (optimaler Abdruck der Füße und Kraftübertragung auf den Körper). Die Maximalkraft, die Schnellkraft sowie die Reaktivkraft beeinflussen die Agilität auf der konditionellen Ebene maßgeblich.
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Verbesserung der Schnelligkeit im Athletiktraining primär durch Koordinationstraining sowie das Training der Kraftfähigkeiten, insbesondere der Schnellkraft, erreicht werden kann. In Abhängigkeit zur spezifischen Erscheinungsform der Schnelligkeit müssen entsprechende Trainingsformen gewählt werden, die die zuvor dargestellten Determinanten der linearen oder lateralen Schnelligkeit verbessern können. Hierbei erfordert sowohl die Auswahl und Anleitung der spezifischen Übungen als auch die zielspezifische Belastungssteuerung ein entsprechendes trainingswissenschaftliches Hintergrundwissen, um Athleten und Athletinnen sicher und effektiv im Athletiktraining betreuen zu können.
Lehrgang Athletiktrainer/in an der BSA-Akademie
Im Fokus des Athletiktrainings steht das funktionelle Training (engl. „Functional Training“) der konditionellen Fähigkeiten Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer sowie eine Verbesserung der grundlegenden Bewegungskoordination und Sensomotorik. Athletiktraining ist aber nicht nur für Leistungssportler in Wettkampfsportarten von Bedeutung. Auch in Berufen mit hoher körperlicher Belastung muss Tag für Tag die individuelle Leistungsfähigkeit abgerufen werden. Athletiktraining zielt auf die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit bei komplexen Bewegungshandlungen im Sport, Beruf und Alltag ab. Hierzu werden Spezialisten benötigt, die Bewegungen und daraus resultierende Belastungen analysieren können, um daraus gezielte Ableitungen für das Athletiktraining treffen zu können. Der Lehrgang vermittelt den Teilnehmern das notwendige Fachwissen, um sowohl Freizeit- als auch Leistungssportler im Hinblick auf eine gezielte Leistungsverbesserung sowie eine bessere Belastbarkeit im Sport, Beruf und Alltag zu betreuen. Hierbei steht das funktionelle Training von komplexen Bewegungsabläufen bzw. spezifischen Bewegungsmustern zur Verbesserung der athletischen Fähigkeiten mit und ohne Trainingshilfsmittel im Vordergrund.
Weitere Informationen: Athletiktrainer/in
Quellen:
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Brown, L. E. & Ferrigno, V. A. (Hrsg.). (2005). Training for speed, agility and quickness. Champaign: Human Kinetics.
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Olivier, N., Marschall, F. & Büsch, D. (2008). Grundlagen der Trainingswissenschaft und -lehre. Schorndorf: Hofmann.
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Sekulic, D., Spasic, M., Mirkov, D., Cavar, M. & Sattler, T. (2013). Gender-specific influences of balance, speed, and power on agility performance. Journal of Strength and Conditioning Research, 27 (3), 802–811.