Oft werden Testosteron und Wachstumshormon im Kontext des Krafttrainings genannt, wenn es um den Aufbau von Muskulatur geht (Vingren et al., 2010). Kein Wunder, schließlich haben beide Hormone einen Einfluss auf die Muskelproteinsynthese und damit auf den Muskelaufbau. Da sowohl Testosteron als auch Wachstumshormon im Training ausgestoßen werden, stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, das Training hinsichtlich der akuten Hormonausschüttung zu optimieren?
Wie steigert man die Ausschüttung anaboler Hormone im Training?
Aus vielen Untersuchungen weiß man, dass die verschiedenen Hormone, die während eines Krafttrainings ausgeschüttet werden, durch Parameter wie Übungsauswahl, Belastungsintensität und -umfang beeinflusst werden können (Raastad, Bjøro & Hallén, 2000).
Möchte ein Trainierender seinen Testosteronausstoß maximieren, dann sind mehrgelenkige Übungen wie Kniebeugen, Bankdrücken, Kreuzheben die Übungen der Wahl. Bei Übungen, bei denen weniger Muskelmasse beansprucht wird, wie Curls, Seitheben, Beinstrecker, etc., scheint selbst bei hoher Trainingsintensität und Auslastung kein höherer Hormonausstoß provoziert zu werden (Migiano et al. 2010). Was Belastungsintensität und -umfang angeht, so sollte die Intensität bei mindestens 60 % des 1-RM liegen und der Umfang sechs oder mehr Sätze pro Muskelgruppe betragen (Ratamess et al., 2005). Geht es Trainierenden eher darum, den Wachstumshormonausstoß zu erhöhen, dann ist eine kurze Pausendauer und eine moderate bis hohe Wiederholungszahl das Mittel der Wahl (Kraemer, 2017). Interessanterweise bleiben sowohl der Wachstumshormon- als auch der Testosteronspiegel im Blut bis circa 30 Minuten nach dem Training erhöht.
The dark side – katabole Hormone
Bislang wurden lediglich die anabolen Hormone angesprochen, die während eines Trainings ausgestoßen werden. Es gibt jedoch auch eine Kehrseite, nämlich die katabolen Hormone, die gewebsabbauend wirken. Allen voran ist hier Cortisol zu nennen. Interessant ist, dass alles, was eben über ein Training für einen höheren Wachstumshormonausstoß gesagt wurde, in gleichem Maße auch für eine höhere Cortisolausschüttung gilt (Kraemer & Castracane, 2015). Doch was bedeutet das? Zunächst einmal zeigen diese Zusammenhänge, dass unser Stoffwechsel auf einem komplexen Zusammenspiel von verschiedenen Hormonen beruht. Die Frage, die sich Trainierenden stellt, ist: Was bedeutet das für das eigene Training?
Bedeutung für das eigene Training
Zum Glück gibt es inzwischen einige Untersuchungen, die sich mit der Thematik beschäftigt haben (West & Phillips, 2010, 2012; Jakobsson, Theos & Malm, 2021). Diese Untersuchungen konnten aufzeigen, dass weder der Anstieg der Testosteron- noch der Wachstumshormonausschüttung im bzw. nach dem Krafttraining einen relevanten Einfluss auf den Muskelaufbau zu haben scheint. Gleiches gilt für den Cortisolanstieg, der bei akutem Anstieg infolge eines Krafttrainings ebenfalls keine Rolle spielt.
Demzufolge erscheint es nicht sinnvoll und schon gar nicht notwendig, die Trainingsgestaltung im Muskelaufbautraining zugunsten einer akuten Erhöhung der Hormonausschüttung anzupassen. Vielmehr sollte auf eine adäquate muskuläre Beanspruchung sowie ein ausreichendes Reizvolumen geachtet werden, um die gewünschten Hypertrophieeffekte zu erreichen.
Fazit
Auch wenn die akute Erhöhung der Hormonausschüttung in und nach dem Krafttraining für die Höhe der Muskelaufbaueffekte keine Rolle spielt, ist es für leistungsorientiert Trainierende dennoch wichtig, Aussagen zu Hormonen und deren Wirkung im Kontext des Krafttrainings richtig einordnen zu können, um die korrekten Rückschlüsse für das eigne Training zu ziehen. Dafür werden im Lehrgang „Leistungssport Bodytrainer“ die idealen Voraussetzungen geschaffen und Inhalte zur Optimierung von Trainingsprogrammen für den leistungsorientierten Muskelaufbau vermittelt.
Quellen:
Jakobsson, J., Theos, A., & Malm, C. (2021). Effects of Different Types of Lower Body Resistance Exercise on Upper-body Strength in Men and Women, with Special Reference to Anabolic Hormones. International journal of exercise science, 14(3), 1052–1069.
Kraemer, R. R., & Castracane, V. D. (2015). Endocrine alterations from concentric vs. eccentric muscle actions: a brief review. Metabolism: clinical and experimental, 64(2), 190–201.
Kraemer, W. J., Ratamess, N. A., & Nindl, B. C. (2017). Recovery responses of testosterone, growth hormone, and IGF-1 after resistance exercise. Journal of applied physiology (Bethesda, Md. : 1985), 122(3), 549–558.
Migiano, M. J., Vingren, J. L., Volek, J. S., Maresh, C. M., Fragala, M. S., Ho, J. Y., Thomas, G. A., Hatfield, D. L., Häkkinen, K., Ahtiainen, J., Earp, J. E., & Kraemer, W. J. (2010). Endocrine response patterns to acute unilateral and bilateral resistance exercise in men. Journal of strength and conditioning research, 24(1), 128–134.
Raastad, T., Bjøro, T., & Hallén, J. (2000). Hormonal responses to high- and moderate-intensity strength exercise. European journal of applied physiology, 82(1-2), 121–128.
Ratamess, N. A., Kraemer, W. J., Volek, J. S., Maresh, C. M., Vanheest, J. L., Sharman, M. J., Rubin, M. R., French, D. N., Vescovi, J. D., Silvestre, R., Hatfield, D. L., Fleck, S. J., & Deschenes, M. R. (2005). Androgen receptor content following heavy resistance exercise in men. The Journal of steroid biochemistry and molecular biology, 93(1), 35–42.
Vingren, J. L., Kraemer, W. J., Ratamess, N. A., Anderson, J. M., Volek, J. S., & Maresh, C. M. (2010). Testosterone physiology in resistance exercise and training: the up-stream regulatory elements. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 40(12), 1037–1053.
West, D. W., & Phillips, S. M. (2010). Anabolic processes in human skeletal muscle: restoring the identities of growth hormone and testosterone. The Physician and sportsmedicine, 38(3), 97–104.
West, D. W., & Phillips, S. M. (2012). Associations of exercise-induced hormone profiles and gains in strength and hypertrophy in a large cohort after weight training. European journal of applied physiology, 112(7), 2693–2702.